Nachbericht: Stadt, Land, Schluss. Stirbt Österreich aus?

Die Menschen in Österreich werden immer älter, durch die gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung und eine niedrige Geburtenrate. Und sie werden immer diverser, zum Beispiel durch eine Zunahme der Migration, aber auch durch sich ändernde Wertvorstellungen, was Familie betrifft.  Gleichzeitig ziehen immer mehr, vor allem junge, Menschen in die Städte  und kehren nicht wieder zurück. Der demographische Wandel stellt Österreich vor drängende Zukunftsfragen. 

Wie lässt sich trotz dieser Veränderungen ein bezahlbares Gesundheits- und Vorsorgesystem erhalten? Wie lässt sich in einer alternden Gesellschaft die Innovationsfähigkeit bewahren? Und wie verändert sich das Verhältnis von Stadt und Land, wenn sich die Besiedlungsstruktur wandelt?  Bleiben “wir” wer “wir” sind, oder stirbt Österreich aus?

Darüber haben wir am 18. Juni 2019 diskutiert.

Das waren die Diskurse am Tisch

Über den demographischen Wandel Österreichs und die Vor- und Nachteile des immer beliebteren urbanen Lebens, sprachen wir am Stammtisch im Wirtshaus Müllendorf – unterstützt von Michael Fuchs, Experte für Sozialpolitik am European Center for Social Welfare Policy and Research, Stephanie Merckens, Leiterin des Politikbereichs am Institut für Ehe und Familie, Bernhard Riederer, Familienforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie an der Universität Wien und Andreas Reiter, Zukunftsforscher und Leiter des Zukunftsbüros, der sich mit der Zukunft ländlicher Regionen auseinandersetzt.

Lässt sich in einer alternden Gesellschaft die Innovationsfähigkeit bewahren? Können wir junge Männer und Frauen davon abhalten in Städte abzuwandern? Ist nicht vielleicht das Leben am Land attraktiver? Die Impulsvorträge der Experten lieferten Stoff für Diskussionen an ihren Tischen.

Die klassische Form der Familie verändert sich, wobei das Ideal einer lebenslangen Partnerschaft aus der 2 oder 3 Kinder hervorgehen, in der Realität ohnehin selten Bestand hatte, so Bernhard Riederer. Welche Formen der Familie es in Zukunft geben wird, ist noch unklar. Was sich aber abzeichnet ist, dass Eltern heute mehr Zeit mit Ihren Kindern verbringen als noch vor ein paar Jahren. Stephanie Merckens betonte die wichtige Institution Familie und wünschte sich, dass Kinder in unserer Gesellschaft wieder selbstverständlicher und die Anforderungen an Eltern nicht überzogen werden sollten. Einig war man sich darin, dass es ein flexibles Arbeitsrecht brauche, um das Familienleben in Zukunft finanzierbar und vereinbar zu machen, und dass Eigenverantwortung essenziell sei, um ein Zusammenleben – in welcher Form auch immer – in unserer Gesellschaft möglich zu machen.

Andreas Reiter thematisierte in seinem Impuls das Nord-Süd-Gefälle im Burgenland und Abwanderungsregionen als Zukunftslabore. Mehr und mehr junge Menschen ziehen in Ballungsräume ab. Die Digitalisierung und die Jugend seien aber große Chancen für die Belebung ländlicher Regionen, was flexibles Arbeiten betrifft. Einig waren sich die Diskutanten, dass eine gute Infrastruktur – Anbindung, öffentliche Verkehrsmittel, Breitbandausbau aber auch flexible Kinderbetreuung, Kulturangebote und Vereine – brauche, in die investiert werden müssen. Gleichzeitig sollten aber auch über eine regionale „Sterbebegleitung“ und Rückbaumaßnahmen für verwaiste Orte nachgedacht werden.

In Europa suchen wir uns heute aktiv aus, später Kinder zu bekommen – und damit auch weniger, so Michael Fuchs. Zwar bringen MigrantInnen im Schnitt mehr Kinder zur Welt, allerdings nimmt diese Tendenz in der zweiten und dritten Generation ab. Das oft emotional diskutierte Thema der Einwanderung ins Sozialsystem stimme so nicht: Migration würde das Sozialsystem zwar nicht zerstören, aber auch nicht retten. Es zeigte sich aber auch, dass es Unsicherheit und mitunter Sorge vor Überfremdung gibt. Die Schule wäre ein wichtiger Hebel für Integration. Über die Frage, ob es eine Leitkultur bräuchte waren sich die Diskutanten nicht einig.

Der demographische Wandel geht uns alle an, darin stimmten Schüler und Pensionisten überein. Ebenso wie darin, dass man darüber noch viel länger hätte diskutieren können, und wohl auch muss. Beim abschließenden gemeinsamen Abendessen wurde weiter diskutiert – bis zur Sperrstunde.

Impressionen

! Verschoben: Kontroverse am Podium

Leider mussten wir die Kontroverse am Podium auf den Herbst verschieben. Sobald der Termin steht, informieren wir an dieser Stelle darüber. 

Podiumsgäste

Portrait Andreas Reiter
Andreas Reiter

Andreas Reiter ist Zukunftsforscher und Leiter des Zukunftsbüro.


Foto: ZTB Zukunftsbüro

Portrait Michael Fuchs
Michael Fuchs

Michael Fuchs ist Experte für Sozialpolitik am European Center for Social Welfare Policy and Research.

Demographie
Sophie Karmasin

Sophie Karmasin ist Meinungsforscherin und Gründerin von Karmasin Research & Identity. Als parteifreie Bundesministerin für Familie und Jugend von 2013 bis 2017 hat sie Österreichs Familienpolitik maßgeblich mitgestaltet.

Demographie
Friederike Pirringer

Friederike Pirringer ist die Präsidentin von Rotes Kreuz Burgenland.

Portrait Bernd Zauner
Bernd Zauner

Bernd Zauner ist Geschäftsführer von Lenzing Fibers.


Videos

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Stimme einer Teilnehmerin – Wertschätzung
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Stimme eines Teilnehmers – Familie
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